Freitag, 21. September 2012

EWIGE WAHRHEITEN: SCHOPENHAUER 1 (30 meiner Lieblingszitate)



Von Schopenhauer gibt es geistvolle "dicta", die an Witz und Tiefsinn kaum zu übertreffen sind. Schopenhauer zu lesen ist immer lohnend.
Hier nun eine kleine Auswahl:
1.) ...wenn man in England etwas als sehr dunkel, ja ganz unverständlich bezeichnen will, man sagt: 'It is like German metaphysics'...
2.) Wenige nämlich lesen, aber alle schwätzen...(Was würde wohl unser Philosoph zu den heutigen "schwatzsüchtigen" Zeiten sagen? Er würde sich (sine dubio) "gegraust" abwenden.)
3.) Ein Weiser ist man nur unter der Bedingung, in einer Welt voll Narren zu leben. (Die Welt-ein Irrenhaus! Ich hab' es immer gewußt.)
4.) Intuitiv nämlich oder in concreto ist sich eigentlich jeder Mensch aller philosophischen Wahrheiten bewußt: sie aber in sein abstraktes Wissen, in die Reflexion zu bringen ist das Geschäft des Philosophen, der weiter nichts soll noch kann.
(So war z.B. mein Großvater ein Hort der Lebensklugheit, ohne abstrahieren zu können. Fragte man ihn, so bekam man stereotyp diese Antworten: Mal sehen; andersmal: wenn ich noch leb' usw. Sein Lieblingsspruch war allerdings: So jung kommen wir nicht mehr zusammen. Und: Ich nehm' nix mit!)
5.) (Alle Frömmler wegschauen!) Denn auf Offenbarungen wird in der Philosophie nichts gegeben; daher ein Philosoph vor allen Dingen ein Ungläubiger sein muß.
6.) Der Satz vom Grunde in seinen vier Gestalten gleicht einem Sturm ohne Anfang und Ende, der alles mit sich fortreißt: auch die Wissenschaft geht seinen Weg stolzierend, im Wahn eines Ziels: aber die Kunst gleicht dem ruhigen Sonnenlicht, das kein Sturm erschüttert und das den Sturm durchschneidet.-Der Philosoph vergesse nie, daß er eine Kunst treibt und keine Wissenschaft.
(Die Kunst ist also immer am Ziel, der Wissenschaftler rastlos unterwegs.)
7.) Daher gehört es denn auch zu den seltensten Fällen, daß ein wirklicher Philosoph zugleich ein Dozent der Philosophie gewesen wäre.
8.)Es gibt inzwischen Leute, welche aus lauter Patriotismus sogar die Leibnizsche Philosophie verehren: sie verdienen unter lauter Monaden eingesperrt zu werden und dort die prästabilierte Harmonie anhören...zu müssen. (Armer Leibniz, arme Monaden!)
9.) (Über Goethe)
Dafür nun freilich war er eben ein Poet und kein Philosoph, d.h. von dem Streben nach den letzten Gründen und dem innersten Zusammenhange der Dinge nicht beseelt-oder besessen; wie man will.
10.) Die Naturphilosophen sind nur eine besondere Klasse Narren... (ich kenne noch einige!)
11.) Fichte ist der Vater der Scheinphilosophie...
12.) Freilich ist die ganze jüngere Zeitgenossenschaft von der Hegelei gleich wie von der Franzosenkrankheit infiziert worden...
13.) Ich habe sie aber deswegen nicht mit aufzählen können, weil meines Erachtens Fichte, Schelling und Hegel keine Philosophen sind, indem ihnen das erste Erfordernis hierzu, Ernst und Redlichkeit des Forschens, abgeht. Sie sind bloße Sophisten: sie wollten scheinen, nicht sein und haben nicht die Wahrheit, sondern ihr eigenes Wohl und Fortkommen in der Welt gesucht.
14.) Wenn man einen Jüngling absichtlich verdummen und zu allem Denken völlig unfähig machen will. so gibt es kein probateres Mittel als das fleißige Studium Hegelscher Originalwerke...Wenn einmal ein Vormund besorgen sollte, sein Mündel könnte für seine Pläne zu klug werden; so ließe sich durch fleißiges Studium der Hegelschen Philosophie diesem Unglück vorbeugen.
(Das Problem bei dem Rundumschlag ist: Da bleiben nicht mehr viel übrig.)
15.) Mein Zeitalter und ich passen nicht füreinander: so viel ist klar.
16.) Ich habe die Wahrheit gesucht und nicht eine Professur.
17.) Der Natur liegt bloß unser Dasein, nicht unser Wohlsein am Herzen.
18.) Wie durch den Eintritt der Nacht die Welt verschwindet, dabei jedoch keinen Augenblick zu sein aufhört; ebenso scheinbar vergeht Mensch und Tier durch den Tod, und ebenso ungestört besteht dabei ihr wahres Wesen fort. (Wie tröstlich!)
19.) Mehr oder weniger wünschen wir bei allem, was wir treiben und tun, das Ende heran, sind ungeduldig, fertig zu werden, und froh, fertig zu sein. (Ich sollte jetzt auch zum Ende kommen...)
20.) Jedes Individuum, jedes Menschengesicht und dessen Lebenslauf ist nur ein kurzer Traum mehr des unendlichen Naturgeistes, des beharrlichen Willens zum Leben, ist nur ein flüchtiges Gebilde mehr, das er spielend hinzeichnet auf sein unendliches Blatt, Raum und Zeit, und eine gegen diese verschwindend kleine Weile bestehen läßt, dann auslöscht, neuen Platz zu machen. Dennoch, und hier liegt die bedenkliche Seite des Lebens, muß jedes dieser flüchtigen Gebilde, dieser schalen Einfälle, vom ganzen Willen zum Leben, in aller seiner Heftigkeit, mit vielen und tiefen Schmerzen und zuletzt mit einem lange gefürchteten, endlich eintretenden bittern Tode bezahlt werden.
(Na, das ist doch endlich mal etwas Aufbauendes!)
21.) Jeder Atemzug wehrt den beständig eindringenden Tod ab...denn ihm sind wir schon durch die Geburt anheimgefallen, und er spielt nur eine Weile mit seiner Beute, bevor er sie verschlingt.
22.) Das Leben stellt sich dar als ein fortgesetzter Betrug, im Kleinen wie im Großen. Hat es versprochen, so hält es nicht; es sei denn, um zu zeigen, wie wenig wünschenswert das Gewünschte war: so täuscht uns bald die Hoffnung, bald das Gehoffte. Hat es gegeben; so war es, um zu nehmen. Der Zauber der Entfernung zeigt uns Paradiese, welche wie optische Täuschungen verschwinden, wenn wir uns haben hinäffen lassen. Das Glück liegt demgemäß stets in der Zukunft oder auch in der Vergangenheit, und die Gegenwart ist einer kleinen dunklen Wolke zu vergleichen, welche der Wind über die besonnte Fläche treibt: vor ihr und hinter ihr ist alles hell, nur sie selbst wirft stets einen Schatten. Sie ist demnach allezeit ungenügend, die Zukunft aber ungewiß, die Vergangenheit unwiederbringlich.
(Daher heißt es bei den "Doors": I woke up this morning-and got myself a beer.-Future is uncertain-the end is always near.---Was ist schwarz und steht vor der Tür?-Die Zukunft!-In diesem Sinne, nicht unterkriegen lassen und immer schön optimistisch in die Zukunft blicken. Denn: alles wird gut!)
23.) Wenn das Leben an sich selbst ein schätzbares Gut und dem Nichtsein entschieden vorzuziehen wäre; so brauchte die Ausgangspforte nicht von so entsetzlichen Wächtern, wie der Tod mit seinen Schrecken ist, besetzt zu sin. Aber wer würde im Leben, wie es ist, ausharren, wenn der Tod minder schrecklich wäre?-Und wer könnte auch nur den Gedanken des Todes ertragen, wenn das Leben eine Freude wäre! So aber hat jener immer noch das Gute, das Ende des Lebens zu sein, und wir trösten uns über die Leiden des Lebens mit dem Tode und über den Tod mit den Leiden des Lebens. Die Wahrheit ist, daß beide unzertrennlich zusammengehören, indem sie ein Irrsal ausmachen, von welchem zurückzukommen so schwer wie wünschenswert ist.
24.) Zum Proviant für die Lebensreise gehört auch ganz vorzüglich ein gute Vorrat von Resignation, den man erst (und zwar je früher je besser für den Rest der Reise) aus fehlgeschlagenen Hoffnungen abstrahieren muß.
(Abstrahieren kann nur der Philosoph!)
25.) Das Leben eines jeden Menschen ist, wenn man es im Ganzen übersieht, ein Trauerspiel; im Einzelnen betrachtet aber ein Lustspiel.
26.) Was die Geschichte erzählt, ist in der Tat nur der lange, schwere und verworrene Traum der Menschheit.
27.) Denn nichts ist gewisser, als daß keiner jemals aus sich herauskann, um sich mit den von ihm verschiedenen Dingen unmittelbar zu identifizieren: sondern alles, wovon er sichere, mithin unmittelbare Kunde hat, liegt innerhalb seines Bewußtseins.
28.) Alle Philosophie und aller Trost, den sie gewährt, läuft darauf hinaus zu zeigen, daß eine Geisterwelt ist und daß wir in derselben von allen Erscheinungen der Außenwelt getrennt, ihnen von einem erhabenen Sitz mit größter Ruhe und ohne Teilnahme zusehn können, wenn unser der Körperwelt gehörender Teil auch noch so sehr darin herumgerissen wird...
29.) (Ridere licet) Unter Philosophen und Dichtern sind die Verheirateten schon als solche verdächtig, ihre Sache zu suchen, nicht das Heil der Wissenschaft und Kunst.
30.) (Item) In vielen Ländern, auch im südlichen Deutschland herrscht die schlimme Sitte, daß Weiber Lasten, und oft sehr beträchtliche, auf dem Kopfe tragen. Dies muß nachteilig auf das Gehirn wirken; wodurch dasselbe beim weiblichen Geschlecht im Volke sich allmählig (sic!) deterioriert, und da von ihm das männliche das seinige empfängt, das ganze Volk immer dümmer wird; welche bei vielen gar nicht nötig ist.
---
E.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen