Donnerstag, 11. September 2014

BARUCH DE SPINOZA (1632-1677): INNERE FREIHEIT


"Die 'ETHIK' SPINOZAS ist vielleicht eine der radikalsten Beschreibungen von individueller Freiheit des Menschen. Diese innere Freiheit hat sich Spinoza selbst trotz aller Anfeindungen und Verlockungen immer erhalten können."
JÖRG AUFENANGER: PHILOSOPHIE, Basis Wissen Aktuell, eine Einführung, Lexikothekverlag Gütersloh 1984, S. 104.
Doch hören wir SPINOZA selbst. In der "ETHIK", IV, 70 lesen wir:
"Der freie Mensch, der unter Unwissenden lebt, sucht soviel als möglich ihre Wohltaten abzulehnen."
Prop. LXX: "Homo liber, qui inter ignaros vivit, eorum, quantum potest, beneficia declinare studet."
(SPINOZA ließ sich nicht von jedem zum Bier einladen. Zum Bier sowieso nicht, denn er bevorzugte (soweit ich weiß) Milchsuppe.)
Der freie Mensch-so SPINOZA-strebt nur das zu tun, was er selbst (ratione duce) für das Höchste (summum) erachtet. Wenn ein Unwissender sieht, daß seine sog. Wohltat nicht so gut ankommt, reagiert er mit Haß-immer nach dem Motto: Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag' ich dir den Schädel ein.
In der "demonstratio" heißt es daher: "ignarus igitur, qui in aliquem beneficium contulit, id ex suo ingenio aestimabit, et si minoris ab eo, cui datum est, aestiamri videt, contristabitur"=der Unweise also, der einem eine Wohltat erweist, wird diese gemäß seiner Sinnesart einschätzen, und wenn er sieht, daß sie von dem, dem sie gegeben worden ist, geringer (recht gering) eingeschätzt wird, dann wird er betrübt werden (wird sich seine Stimmung verdüstern); das ist so, weil "unusquisque ex suo ingenio judicat, quod bonum sit"=ein jeder gemäß seiner inneren Anlage urteilt, was gut ist (sei); daher heißt es dann ganz treffend:
"At homo liber (Doch der freie Mensch (ergänze: ist bemüht=studet) reliquos homines amicitia jungere (sich die übrigen Menschen durch Freundschaft zu verbinden) nec paria hominibus beneficia (und nicht den Menschen gleiche Wohltaten) ex eorum affectu referre (gemäß ihrem "Affekt" zurückzugeben; die sie nach ihrer Sinnesart als gleichwertig erachten); sed se (sondern sich), et reliquos (und die übrigen) libero rationis judicio ducere (durch das freie Urteil der Vernunft zu führen), et ea tantum agere studet (und nur dies bemüht er sich zu tun), quae ipse prima esse novit (was er als das Vorzüglichste (Vornehmste; Wichtigste) erkannt hat): ergo (daher) homo liber (der freie Mensch), ne ignaris o(?)dio sit (um nicht den Unweisen "zum Haß" zu sein; um sich nicht bei denen verhaßt zu machen), et ne (und um nicht) eorum appetitui (deren Neigung; Trieb; Verlangen), sed soli rationi obsequatur (sondern ALLEIN DER VERNUNFT ZU GEHORCHEN), eorum beneficia (deren Wohltaten), quantum potest (soweit er es vermag), declinare conabitur (wird er versuchen abzulehnen)."
---Wer kennt sie nicht, die Danaergeschenke? Viele, die etwas schenken, machen doch nur sich selbst ein Geschenk. Sie geben vor, einem etwas Gutes zu tun, doch in Wirklichkeit tun sie nur sich selbst einen Gefallen. Verlogene Heuchler sind sie, sonst nichts. Wie heißt es doch: Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie mit Geschenken kommen.- Wie oft  wird versucht, einen durch "Gefälligkeiten" moralisch festzulegen, zu korrumpieren und zu erpressen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. So mancher, der etwas zu vererben hat, versucht jedes Jahr einen anderen damit zu korrumpieren. Doch meistens werden solche Leute nicht geliebt, werden enttäuscht und geben dem Erbschleicher einen Tritt. Mit beiden (niederen) Spezies sollte man kein Mitleid haben. Der freie Geist tut so etwas nicht bzw. er widersteht solchen Versuchungen. Also: Bekommt man etwas von Dummen (in fast jeder Familie gibt es solche Exemplare), dann ist man den Dummen verpflichtet, was ziemlich dumm ist. Man muß dann diesen Blödköpfen auch noch dankbar sein und gemäß deren Dummheit funktionieren, was geradezu oberdumm ist. Gott bewahre mich vor den Flachköpfen dieser Welt!
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Der Rächer der Enterbten

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