Montag, 23. Juli 2012

ARTHUR SCHOPENHAUERS FRANKFURTER ZEIT

File:ArthurSchopenhauer.jpg

ARTHUR SCHOPENHAUER (1788-1860) flüchtete 1831 aus Berlin (dem "vermaledeiten Kaff") aus Angst vor der Cholera. Er ließ sich in Frankfurt nieder, wo er bis zu seinem Tode lebte. (Ein Jahr  lebte er auch in Mannheim. Er machte sich eine Liste mit Vor-und Nachteilen beider Städte. Seine Wahl fiel zugunsten Frankfurts aus.)
Hier lebte er nun völlig zurückgezogen nur mit seinem Pudel, mit dem er oft am Main entlang spazieren ging oder auf einsamen Feldwegen in rüstigem Schritt gesehen wurde. SCHOPENHAUER liebte sein Einsiedlerleben:
"Ein geistreicher Mensch hat, in gänzlicher Einsamkeit, an seinen Gedanken und Phantasien vortreffliche Unterhaltung, während von einem Stumpfen die fortwährende Abwechslung von Gesellschaften, Schauspielen, Ausfahrten und Lustbarkeiten die marternde Langeweile nicht abzuwehren vermag."
(A. SCHOPENHAUER: APHORISMEN ZUR LEBENSWEISHEIT, hrsg. v. R. Marx, Stuttg. 1974, S. 8)
Und in netter Weise fährt er fort:
"Denn man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit. Die geselligsten aller Menschen sollen die Neger sein, wie sie eben auch intellektuell entschieden zurückstehen..." (a.a. O.,S. 25)
Mittags hielt er im Wirtshaus Hof:
"Hier sitzt der kleine Mann mit dem imponierenden Kopf, gegen den ein Durchschnittsschädel fast wie der eines Kindes wirkt, mittags in seiner etwas altertümlichen Biedermeiereleganz englischen Schnitts an der Wirtstafel und spricht, scharf, selbstbewußt, immer etwas von oben herab, ohne Widerspruch zu dulden, während die blauen Augen hinter der Brille (später Lorgnette) sein Gegenüber anblitzen und ohne Scheu durchdringen."
(Einführung, S. XXV)
Ein wahrer "Apodiktiker". Recht so!Bei jeder Gelegenheit wies SCHOPENHAUER auf die Kluft zwischen seiner Denkart und der gemeinen hin, was ihn noch mehr isolierte. Sein Verkehr mit Leuten nahm daher regelmäßig einen kurzen Verlauf sowie ein schnelles, gewaltsames Ende (S. XXVI).
Besser so-bei den meisten!
"'Man müsse durchdrungen sein von der Überzeugung und sie stets gegenwärtig halten, daß man heruntergekommen sei in eine Welt, die von moralisch und intellektuell erbärmlichen Wesen bevölkert sei, zu denen man nicht gehöre, deren Gemeinschaft man daher auf alle Weise zu meiden habe: man solle sich ansehen und benehmen wie ein Brahmine unter Sudras und Parias. Die wenigen Besseren solle man, je nachdem sie es seien, schätzen und ehren. Zur Belehrung der übrigen, nicht zur Gemeinschaft mit ihnen, sei man geboren.' Wenn man sie trotzdem nicht entbehren könne; so sei eine gleichmäßig bis zum Ende durchgehaltene, unpersönliche Ironie der rechte Ton." (S. XXVI)
Was die Verkommenheit der Erdenbewohner angeht, so ist dies noch vorsichtig formuliert!
Nachmittags ging SCHOPENHAUER ins Lesekabinett, um die "Times" und französische Zeitungen zu überfliegen. Die deutschen Zeitungen beachtete er erst, als sie über ihn schrieben.
Jeden Nachmittag spielte er auch Flöte, begab sich "auf einsame, nachdenkliche Spaziergänge" und las vor allem SHAKESPEARE, GOETHE, CALDERON, BYRON, PETRARCA, BURNS und BÜRGER (S. XXVII).
Die UPANISCHADEN benutzte er eine gewisse Zeit als Andachtsbuch. In seinem Arbeitszimmer stand eine vergoldete BUDDHA-Statue. Besonders verbunden fühlte er sich MEISTER ECKHART und dem "FRANCKFORTER", dem anonymen Autor der "THEOLOGIA DEUTSCH":
"BUDDHA, ECKHART und ich lehren im wesentlichen dasselbe." (S. XXVII)
Über den "FRANCKFORTER" schrieb er
"Wann er von seinem Fenster am Mainquai das deutsche Herrenhaus gegenüber sehe, so freue er sich, dem Ordensbruder, der dort gewohnt, über ein halbes Jahrtausend hinweg die Hand zu reichen: so weit voneinander ständen in der Geschichte Leute wie sie" (GWINNER)
(W. GWINNER war sein Biograph, von dem wir das meiste über Schopenhauers Leben wissen.)
Auch schätzte er sehr SENECAS 105. Brief, der Ratschläge gibt, wie man sich am besten von Menschen sicherstelle.
Dann das Ende: 21. September 1860, SCHOPENHAUER hatte sich gerade zum Frühstück hingesetzt. Vorbei, kein Kampf, kein Schmerz!
Man fand in seinem Testament eine merkwürdigerweise lateinisch verfaßte Verfügung seinen Schreibtisch betreffend, der vollständig zu zerlegen sei. Nur so lasse sich etwas finden, was von allergrößter Wichtigkeit sei. So geschah es und man fand-nichts (!), also genau das, was am Ende des 4. Buches der "WELT ALS WILLE UND VORSTELLUNG" steht.
Humor über den Tod hinaus!
(vgl. SCHOPENHAUER: URWILLE UND WELTERLÖSUNG. AUSGEWÄHLTE SCHRIFTEN, hrsg. v. G. Stenzel (Sigbert Mohn Verlag), o.J., Einleitung.
"Wenn einer den ganzen Tag läuft und abends ankommt, genügt es." A. S.
---
EREC (und wenn er nicht ankommt, ist es auch o.k.!)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen