Sonntag, 22. Juli 2012

GROSSE GESTALTEN: 19. JH:


Napoleon zu Pferde (von Simon Meister)

1) NAPOLEON: DIE NACHT VOR WATERLOO

NAPOLEON nahm nach dem Sieg über die Preußen in dem Gehöft LE CAILLOU Quartier, welches eine halbe Wegstunde südlich des Gasthofes BELLE-ALLIANCE an einer Straße liegt. Mit einer halben Scheunentür, die auf zwei Böcke gelegt wird, improvisiert man eine Art Arbeitstisch. Er wird mit grünem Tuch bedeckt, in silbernen Leuchtern brennen Kerzen, man bringt die tragbare Bibliothek, Karten. Draußen stürmt und regnet es. Die Nacht ist stockfinster.
NAPOLEON und BERTRAND gehen über einen schlammigen Feldweg, der zur Straße CHARLEROI-BRÜSSEL führt. Sie durchqueren das kleine Dorf LA-MAISON-DU-ROI. Auf der Dorfstraße stehen überall Bagagewagen und bespannte ARTILLERIE. Die Soldaten dösen in strömendem Regen an traurigen Lagerfeuern vor sich hin. Überall ist Schlamm. (Der Schlamm war verhängnisvoll. So konnte am nächsten Tag erst nach 11 Uhr wegen der Kanonen begonnen werden.)
NAPOLEON und sein Begleiter erreichen das auf einer Höhe liegende Gehöft ROSSOME, von wo aus sie im Norden den fahlen Widerschein der englischen Lagerfeuer sehen. Die Engländer befinden sich südlich des FORÊT DE SOIGNES.
Zwischen der großen Straße und dem Dorfende von PLANCENOÎT liegen die DIVISIONEN MARCOGNET und DURUTTE. Sie gehen weiter bis CHANTELET, das Standort der KAVALLERIEDIVISION JACQUINOT ist.-
 MARSCHALL NEY sitzt in der Scheune über seinen Karten. Er hatte durch seine Unentschlossenheit bei QUATRE-BRAS den Sieg verschenkt. NEY war nicht sonderlich beliebt.
Der KAISER deutet auf die Karte und sagt, daß WELLINGTON vor dem Wäldchen von SOIGNES geschlagen werden müsse. Doch vorher werde es ein Dauerfeuer aus 90 Kanonen geben. Dann solle NEY die KORPS REILLE und D'ERLON gegen das Zentrum der Engländer führen. NAPOLEON wolle dann mit dem KORPS LOBAU nachrücken und, wenn es sein muß, auch die GARDE einsetzen. Die 6000 KÜRASSIERE  MILHAUDS und KELLERMANNS sollten WELLINGTON den Weg nach BRÜSSEL abschneiden.
Zu diesem Zeitpunkt wußte man nicht genau, wo die Preußen unter BLÜCHER sich befanden. Ging ihr Rückzug Richtung NAMUR, also fort von den Engländern, oder auf LÖWEN zu, um sich mit ihnen zu vereinigen? Patrouillen, die MILHAUD ausgeschickt hatte, sichteten preußische Abteilungen von TILLY nach Norden. Dies sah nun ganz nach einer Truppenkonzentration um WAVRE oder BRÜSSEL aus und nicht nach einem Rückzug.
MARSCHALL GROUCHY hatte 33 000 Mann und 100 Kanonen. Seine Aufgabe war, die Preußen zu verfolgen. GROUCHY war ein ausgezeichneter General, der jedem Befehl folgte. Leider ging ihm jede Art von Eigeninitiative und Einfallsreichtum ab.
NAPOLEON verabschiedete sich von NEY:
"Auf Wiedersehen, Ney! Wenn sie anständig arbeiten, nehmen wir heute abend in BRÜSSEL Quartier. Legen Sie sich ein Stündchen aufs Ohr, damit sie später frisch sind. Ich gehe ins Hauptquartier zurück, wo ich Meldungen von GROUCHY zu finden hoffe. Kommen Sie um sieben Uhr in das Gehöft von CAILLOU. Wir werden eine Kleinigkeit zusammen essen, Sie werden dann hören, was wir inzwischen über BLÜCHERS Bewegung erfahren haben. Um neun Uhr wird angegriffen."
Erst im Morgengrauen geht er nach LE CAILLOU zurück, um ein paar Stunden zu schlafen.
Die Sonne war inzwischen aufgegangen an jenem bedeutsamen 18. Juni 1815...
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LESEVORSCHLÄGE:
1.) FRIEDRICH SIEBURG: NAPOLEON, Stuttg., 1980 (HEYNE BIOGRAPHIEN).
2.) VINCENT CRONIN: NAPOLEON, STRATEGE UND STAATSMANN, Düsseldorf 2002 (Originalausg.: Glasgow, 1971).
3.) STEFAN ZWEIG: STERNSTUNDEN DER MENSCHHEIT, Frankf. 1971 (FISCHER).
Darin das Kap. "Die Weltminute von Waterloo".
Lesenswert!
4.) VICTOR HUGO: DIE ELENDEN (LES MISÉRABLES), Bd. 2, COSETTE, 1. Buch: Waterloo, Kap. 1 (Ein Wanderer kommt von Nivelles)-Kap. 19 (Das Schlachtfeld bei Nacht).
Ungemein lesenswert! Also lesen!---
EREC (Vive l'empereur!)

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